… die Ihr heute den CFC-Block belagert und ein wenig ausgeteilt habt.
Zerstören wir endlich den Sportschau-kompatiblen Mythos vom Freudenhaus der Liga und den (zumindest am Samstag) ach so sympathischen bunthaarigen Fans! Wenn die Polizei trotz Aufforderung durch den Heimverein nicht gegen rassistische Äußerungen, Plakate, Fahnen im Stadion vorgeht, so ist es mehr als gerechtfertigt, durch den einen oder anderen Nasenbeinbruch Grenzen zu setzen und gleichzeitig Öffentlichkeit zu schaffen.
“Der Sicherheitsbeauftragte des FC St. Pauli hat aufgrund der kontinuierlichen NS- und anderer Provokationen unter Berufung auf das ihm übertragene Stadion-Hausrechtes bereits während des Spieles die Polizei aufgefordert, die entsprechenden Nazis aus dem Stadion zu entfernen. In einem solchen Fall ist die Polizei verpflichtet dem nachzukommen. Die Einsatzleitung hat diese rechtlich einwandfreie und begründete Aufforderung verweigert. Dass dies nichts wirklich neues ist, dürfte seit den Ereignissen bzgl. des Nazi-Konzertes am Nobistor auf St. Pauli im Herbst letzten Jahres bekannt sein [...]
Ausführlicher gehts hier weiter (Vorsicht, mehr als 250 Diskussionsbeiträge, bitte Schmodder überlesen)
Auch NPD-Blog.info berichtet über den ungerchtfertigt harten Einsatz gegen die St. Pauli-Fans (SIC!) und nimmt Bezug auf das Training der Polizei für die WM.
SpOn hat wie Sportal eine DPA-Meldung gecopyandpastet und tatsächlich nach Leserhinweisen geändert.
Update: SpOn hat sich im Rahmen der kontextsensitiven Projektwoche “Rassismus im Stadion” der Sache noch einmal angenommen und zumindest im Ansatz auf die entscheidenden Punkte hingewiesen, nämlich, dass es sich hier nicht um einfache Hooligan-Ausschreitungen handelte und auch nicht darum, dass die St. Paulianer sich wegen des veranstalteten Pyros “provoziert” fühlten. Es ging einzig und allein um die rassistischen Parolen und Fahnen, die es aus dem Chemnitzer Block zu sehen und zu hören gab.
Wichtig auch die Schilderungen des Sicherheitsbeauftragten des FC St. Pauli, Sven Brux, wie schwierig es oftmals ist, mit anderen Vereinen zusammen zu arbeiten, in denen Rechtsradikalismus ausgesessen oder geduldet zu werden oder sogar erwünscht zu sein scheint.
Dennoch sollte der Spiegel an den Formulierungen arbeiten: Es geht am Kern vorbei, wenn sie schreiben, die “als links bekannten Fans des FC St. Pauli” wurden durch rechte Parolen provoziert. Das klingt zu lapidar, nach beleidigter Leberwurst. Für mich ist dieser kleine Riot genau die Zivilcourage, die allenthalben von allen Seiten eingefordert wird, wenn irgendwo besonders mitleiderregend behinderte Kinder mit schwarzer Hautfarbe totgeschlagen werden. Und Courage ist eben auch und gerade genau dann Courage, wenn es auch weitergeht, wenn´s ungemütlich wird.
Meinen Part möchte ich mit Björn Beton schließen:
‘Was nützt der Aufstand der Anständigen’
stand da auf einer Hauswand,
was wir hier brauchen,
ist ein anständiger Aufstand!
aus “Tanzverbot” von Fettes Brot feat. Bela B.
PS:
BigUp an den Fanbeauftragten und den Vizepräsidenten des FC St. Pauli, die zu zweit in den Gästeblock gegangen sind, um eine Fahne vom Zaun zu nehmen, nachdem die Polizei untätig geblieben ist!
Respekt auch an den Trainer des CFC, der sich von den eigenen Fans deutlich distanziert und das Abklatschen der Spieler bei ebendiesen kritisiert hat.
Hier noch ein Bericht des Sicherheitsbeauftragten, den ich hierher kopiere, weil er hier zu klein gedruckt ist:
Guten Morgen, ein ereignisreicher Tag, der uns sicher noch einige Zeit beschäftigen wird. Es wird in den kommenden Tagen sicher eine ausführliche Nachbereitung des Spieltags geben. Den Bewertungen und Schlussfolgerungen kann und will ich hier nicht vorgreifen, da es hierzu einer Menge Fakten bedarf, die evtl. noch nicht alle vorliegen. Um aber hier einige Unklarheiten zu beseitigen und Gerüchten vorzubeugen einige Fakten:
- Es waren nach meiner Schätzung etwas über 200 Fans im Gästeblock. Bei zumindest einem Sprechchor (“…wir hassen die Türkei”) stand ich unmittelbar davor. Das wurde von ca. 3/4 der Anwesenden mitgegröhlt.
- Im Block gab es keine Thor Steinar Klamotten mehr. da hat die Einlasskontrolle sowie die Ansprachen durch Polizei, Fanbeauftragte Chemnitz etc. funktioniert. Leider sind diese rot-weißen Fahnen am Einlass durchgerutscht, da die Tragweite des Symbols nicht erkannt wurde. Ganz klar hierbei: Die fanhe an sich beeinhaltet kein verbotenes Symbol. Die Aussage ist aber glasklar und deshalb wären diese nicht zugelassen worden. Ebenso wie das Aufhängen im Block später zu verhindern gewesen wäre. aber eben nur im rahmen des Hausrechts, nicht von Amts wegen.
- Es hat bereits zu Beginn der ersten Halbzeit eine Besprechung mit der Polizeieinsatzleitung zur Lage gegeben, wo neben mir der Fanbeauftragte des FC St.Pauli teilgenommen hat. Zu dem Zeitpunkt hat es noch keine Straftaten im Block gegeben, “lediglich” Verstöße gegen die Stadionordnung. da man bei Einsätzen im Zuschauerblöcken immer die Verhältnismäßigkeit abwägen muss, wurde sich darauf geeinigt, dass der Stadionsprecher ansagen machen kann, es aber (noch) kein direktes einschreiten im Block gibt, um die Situation nicht weiter aufzuheizen.
- Kurz darauf die Eskalation mit Rauch, den Knallkörpern etc. sowie dem Zaungerüttel. Es folgte eine weitere Unterredung. Da mittlerweile eine ganze Reihe “Situationsbeschreibungen” aus anderen Teilen des Stadions eingetroffen waren, die darauf schließen ließen, dass die Situation NACH dem Spiel eine andere/härtere als “sonst” werden würde, haben sowohl Heiko als auch ich eine Kompletträumung des Gästeblocks vorgeschlagen und erbeten. Nach meiner Einschätzung, zu der ich auch heute (und gerade heute nach den Ereignissen nach dem Spiel) noch stehe, ergab die oben beschriebene Einschätzung der Verhältnismäßigkeit, dass eine Räumung des Blocks (die selbtsverständlich nicht einfach ist!) im Verhältnis weniger Schaden anrichten würde als eine Eskalation nach dem Spiel. Die im Übrigen immer wahrscheinlicher wurde, je länger der Rest des Stadions das Gefühl hatte, gegen die Typen im Gästeblock würde nicht energisch genug vorgegangen. Dieser Bitte wurde nicht entsprochen.
- dann hing diese rot-weiße Fahne ca. 30 min am rückwärtigen Zaun. Jeder im Stadion wusste, was sie aussagt und ständig wurde (wohl nicht nur) ich per Telefon aufgefordert “endlich was zu machen, die Leute drehen durch…”. Auch dies konnte nicht zeitnah durchgesetzt werden. Irgendwann reichte es uns und drei vereinsangehörige sind in den Block und haben den Lappen entfernt. Vielleicht war das unüberlegt, leichtsinnig oder sonst was aber in dieser Situation die einzige Möglichkeit.
- Nach dem Spiel wurden die Chemnitzer durch die Polizei im Umlauf der Südkurve festgehalten, um das Abziehen der St.Pauli Fans abzuwarten. Der Rest des geschehens auf der Budapester Straße isz weitgehend bekannt. Erwähnenswert hierbei vielleicht noch, um das “anders als sonst schon geschehen” zu verdeutlichen. Die St.Pauli Fans an der Budapester Straße Höhe Stadionreihe, Clemens Schultz Str, setzten sich nicht aus den “üblichen Verdächtigen” der St.Pauli Szene zusammen. das waren einfach unorganisierte, normale St.Pauli Fans.
- Die anfahrenden HVV Busse (die die Chemnitzer wegbringen sollten) wurden im Bereich Neuer Pferdemarkt mit Gegenständen beworfen, hierbei gingen mindestens 3 oder 4 Scheiben zu Bruch, dabei eine Frontscheibe und 1 Seitenscheibe neben dem Fahrersitz. Den Leuten, die das fabriziert haben, ist hoffentlich klar, dass sie damit den Fahrer in höchster Weise gefährdet haben! Muss auch mal gesagt werden.
- Die Chemnitzer wurden zu den Bussen gebracht, riefen hierbei “Hier marschiert der nationale Widerstand” und zündeten an den Bussen noch einmal rauch und 2 x Vogelschreck o.ä.
- Bei der Abfahrt der Busse kam es wohl erneut zu Würfen auf die Busse, hab ich aber nur aus Entfernung gesehen. es gibt noch einige andere geschichten. die hab ich aber nur “gehört” und lasse sie deshalb weg. Wie gesagt, das Geschehene wird und muss in Ruhe aber auch in der nötigen Offenheit allen Seiten gegenüber aufgearbeitet werden um hinterher genau sagen zu können, was warum geschehen oder untzerlassen wurde und wie damit künftig umzugehen ist.
Ein Wort noch zu den Chemnitzern. Es ist in der Tat so, dass es immer wieder heíßt “Wir wissen auch nicht , wo die herkommen” etc. OK, nur mal angenommen, das stimmt. Kein Problem. Und ich kann auch jeden “normalen” Fan verstehen, der sich nicht traut, gegen einen Haufen debiler Stiernacken vorzugehen. ABER: Warum wenden sie sich nicht über die bestehenden Kontakte (Fanbeauftragte, Polizei…) an den gastgeber und sagen bspw. “Hört mal, wir wollen nicht mit diesen Leuten in einen Topf geworfen werden, könnt Ihr uns helfen?”? Man könnte sich auch in dem kleinen Gästeblock abseits stellen. Oder bei gestrigen spiel hätte ich es auch zulässig gefunden, wenn man solche normalen Fans bspw in den leeren Block 11 geleitet hätte. Aber all das passiert nicht, es wird abgewiegelt, verharmlost und gleichgestellt. So wird das nix…
OK, soweit “kurz” von mir. Bin erstmal bis morgen nachmittag offline.
Gruß
Sven