Übersee Records
26. März 2006, 00:29 Uhr von pantoffelpunkSeit Wochen will ich dieses wunderbare Label vorstellen, jetzt nehme ich mir die Zeit. Ich hoffe, Ihr nehmt Euch Eurerseits die Zeit, das zu lesen und dem einen oder anderen Link zu folgen, um auch in das eine oder andere Album reinzuhören. Bookmarkt www.uebersee-records.de, kauft alles auf und helft helfen, dass die Hannoveraner noch viel mehr sagenhafte Bands und die südamerikanische Sonne nach Deutschland bringen…
Übersee-Records schickten sich 2002 an, eine Lücke im hiesigen Musikmarkt zu füllen und brachten endlich Latin Ska zu uns.
Ich kannte natürlich schon Manu Chao bzw. Mano Negra, die ja in jedes gut sortierte Platten- oder CD-Regal gehören, aber der Brüller ist das ja noch nicht. Diese enge und leidenschaftliche Liebesbeziehung fing für mich erst mit dem Summerjam 2004 an, wo ich “La vela Puerca” gesehen habe, die zwar nicht im Uebersee-Shop zu bekommen sind, mir aber Augen und Ohren öffnen sollten. Mit deutlich mehr Kraft, mehr Hupen und einfach mehr Ska als oben genannter heizten die der Meute kräftig ein. Für mich persönlich war das auch deshalb eine wunderbare Begegnung, weil ich die Möglichkeit gekommen sah, dass die Liebste und ich am Ende vielleicht doch noch die eine oder andere CD besitzen könnten, die wir beide gemeinsam bis zum Schluss hören könnten, ohne dass einer meckert oder die Augen verdreht, vielleicht: Sie mag spanische und lateinamerikanische Rhythmen, ich komme aus der Punk-Reggae-Ska-Ecke, das ging nie wirklich gut.
Wieder zu Hause befragte ich die allwissende Müllhalde google nach Mestizo, einem Sammelbegriff für u.a. Latin Ska, wie ich kurz zuvor erfuhr und google traf auf Übersee-Records.
Bei meinem ersten Besuch kaufte ich blind eine Abuela Coca und eine Panteon Rococo sowie ein wenig Merch für die Liebste, ich glaube, Nikolaus stand ins Haus. Oder Valentinstag. Oder irgendwas anderes oder ich wollte einfach nur schenken, was weiß ich. Zwei Tage später hatte ich die CDs im Haus und das war der Beginn einer … nein, alles, was ich jetzt schreiben könnte, klänge zu pathetisch.
Lieber will ich kurz die Bands und Alben vorstellen, die bisher über Henning in meinen Besitz gelangt sind:
Meine momentanen Favoriten sind “No Te Va Gustar“, was so viel heißt wie “Es wird Dir nicht gefallen” – was aber wiederum totaler Humbug ist. In der Selbstdarstellung heißt es, NTVG machten Latin Reggae Rock, was die Sache auch ziemlich genau trifft.
Der Kopf der Band, Emiliano Brancciari ist ein wirklich außerordentlich guter Songwriter und extrem sympatisch – live durfte ich NTVG im März 06 im Hamburger Hafenklang erleben: Absoluter Hammer! Ich steh drauf, wenn sich Bands live anhören wie auf CD. Henning schreibt zum neuen Album “Aunque Cueste Ver El Sol”:
“Reevolución” ist schon jetzt ein solcher Klassiker, dass namhafte Remixer in Übersee schon an einer neuen Version basteln! Zusammen mit “Fueron” werden hier zwei der leidenschaftlichsten Revolutions- bzw. Anti-Globalisierungshymnen angestimmt, die uns je zu Ohren gekommen sind! Da tanzt sogar das Che-Guevara-T-Shirt im Schrank.
Der zweite absolute Burner aus dem Hause Übersee sind die ELZN-nahen “Compañeros Musicales” Panteon Rococo aus Mexico, zu denen auch in diesem Blog schon ein paar Dinge zu lesen waren…
Live nicht zu toppen, hat mein Fugazi-Konzert aus dem Jahre 1992 im Hannoveraner Café Glocksee und das Zitronen-Konzert 1988 im Dornbusch Mildstedt auf die Plätze verdrängt!
Beide Alben bei Übersee sind ein Muss für Fans politischen Skas mit viel Stimmung, viel Bläsern, viel Abwechslung, kraftvoll vorgetragen mit entschlossener Stimme … ja, ich will.
Mit “la Carencia” auf der “Compañeros Musicales” und “Madre Candela” auf der “Tres veces Tres” sind panteon rococo unsterbliche Tracks gelungen. Auf den älteren Alben, die (noch) nicht bei Übersse erhältlich sind, geben sich panteon rococo lauter, härter, schneller.
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Unschlagbar Ska: Die unvergleichlichen “Los Calzones” aus Argentinien, auch genannt die “argentinischen Hosen”…. “Hallo?!” habe ich da immer gedacht, was haben Los Calzones denn bitte mit den Gitarren-Poppern aus Düsseldorf zu tun? Klar: Den Namen. Frag den Babelfisch!
Auf dem Album “Plastico!” covern sie (angeblich) argentinische Volkslieder, davon ist in diesen Versionen jedoch nichts mehr zu hören: Die Jungs gehen ab und machen aus jedem einzelnen Track einen Ska-Brecher der Extra-Klasse, vor allem das chorale Gegröhle hat es in sich und ist für jede Party mit fein ausgewählten linksgerichteten Alkoholikern der Bringer. Mit Spannung habe ich also in diesem Frühjahr die “Frecuencia Extrema” erwartet (da auch hier die alten Alben nicht auf Übersee erhältlich sind), um auch mal deren eigene Lieder zu hören, tjaha, und? Hammer. Der selbe Drive, die gleiche Kraft, Stimmung, betrunkene Männerchöre…
Die studierten Musiker von “Abuela Coca” (Kokain-Oma) aus Uruguay mixen Funk, Reggae und Ska mit den typischen Latino-Rhythmen zu einer sauberen Melange.
Das Album “El Ritmo del Barrio” ist für mich ein Meisterwerk, wenn auch eher geeignet für die gemütlicheren Stunden in der warmen Stube als für den Mosh-Pit. Hierfür eignet sich eher das heftiger zu Werke gehende Album “El Cuarto De La Abuela”.
Und dann sind da noch die “Ska Daddyz“, lassen wir dazu kurz Henning was sagen:
Übermächtiger Surf-Ska-Punk direkt aus dem sonnigen Süden Kaliforniens. Noch Fragen?!
Ja, Euer Ehren: Gibt es ein mächtigeres Lied als “Rude Boyz”? Nein. Also, lasst es uns kurz machen: Hülle: Ska.
Inhalt: Ska. Obligatorischer Cover-Track: Vorhanden. Reinhörmöglichkeit: HIER. Kaufen. Ende.
Am schwersten tue ich mich in der Beschreibung der genialen Band “Karamelo Santo” aus Argentinien …. es gibt definitiv keine Schublade für diese Musik. Hier wechseln sich Punk, Schmusepop, Reggae, Ska, Latin Carnival, Hardrock, Funk und Humpta ab, nicht um zu einem massen- oder sonst was kompatiblen Brei zu verschmelzen, sondern um Spaß zu machen und, ja, und was weiß denn ich, ich bin doch kein Musikjournalist.
Ist einfach spannend, spaßig und wenn auch sicher nicht jedermanns Sache, meine ja. So. Das fantastische ist ja, dass in all diesem abwechslungs- und facettenreichen musikalischen Trubel immer die Latin-Ska-Handschrift “Karamelo Santos” durchscheint.
“Santo Barrio” aus Chile spielen eine Mixtur aus Funk und teils schwermütigem Hardrock, natürlich beblasen, schließlich läuft hier alles unter dem Genre Latin Ska, dennoch ist dieses Album nach meinem Empfinden eher etwas für einsame Weltschmerzabende als für Partys. Henning ist da anderer Meinung.
Mehr Reggae, mehr Ska, mehr Wirres gibt es bei “Un Kuartito” wiederum aus Argentinien. Wer es also gern etwas heftiger hat und auch mal was experimentelles mag ohne dabei auf die guten jamaikanischen Riddims zu verzichten, der liegt hier genau richtig.
Kommen wir nun zu den härtesten Vertretern des Latin Ska auf Übersee … Bei “Chencha Berinches” aus Kalifornien setzt sofort (natürlich behupter) Knüppelcore ein, sobald man sich gerade auf ein paar smoothe Riddims eingelassen hat.
Sie erinnern stark an “Voodoo Glow Skulls”, lassen aber – na klar – noch Latino-Rhythmen einfließen. Als ich die im Player hatte und mein 6-jähriger reinkam horchte er kurz auf und sagte nichts weiter als “Abgefahrn!”.
Außerdem haben die Überseer noch “Attaque 77” mit einem Album im Programm, das ich aber weder habe noch haben will, weil ich nicht auf Live-Alben stehe.
Warum ich die “Desorden Publico” noch nicht habe, weiß ich nicht, gefällt mir ihr Beitrag auf dem Übersee-Sampler Vol. II doch außerordentlich gut. Ich werde Sie bei der nächsten Bestellung mitordern, die kommt sehr bald, denn die einzigen europäischen Übersee-Mitstreiter “Wisecracker”, die ich glaube ich mal irgendwann irgendwo gesehen habe, brauche ich ja auch noch.