Aaron, zieh wenigstens das St. Pauli-Shirt aus!

17. Oktober 2009, 01:51 Uhr von pantoffelpunk

Ich habe den Umgang der PIRATEN mit Bodo Thiesen verteidigt, obwohl ich ihn extrem lau fand, weil ich keinen einzigen rechtslastigen Piraten IRL kennengelernt habe. Ich fand das Interview von Andreas Popp mit der Jungen Freiheit völlig OK, weil er sich in dieser rechten Postille gegen rechts positioniert hat und man im rechten Lager nur dann Wähler fischen geht, wenn man rechte Positionen wiedergibt, was Popp nicht gemacht hat. Ich finde es ganz grundsätzlich sogar auch OK, einen ehemaligen Nazikader bei den PIRATEN aufzunehmen, wenn ich es auch besser gefunden hätte, dass die Beteiligten von allein an die Öffentlichkeit gegangen wären …

… aber irgendwann ist Feierabend:
Schon der erste öffentliche Auftritt Aaron Königs beim Bundesparteitag missfiel mir außerordentlich, wie er – jeden Selbstzweifels erhaben – nach einem Monat Mitgliedschaft für alle Piraten zu sprechen sich anschickte: Es sei gut, dass die Piraten “weder links nocht rechts” seien.

Das einzige, was ich von Aaron Koenig auf der “Freiheit statt Angst” gesehen habe, war – am nächsten Tag, auf youtube – sein Tanz zu elektronischer Musik auf dem Techno-Truck der Piratenpartei, was legitim sein mag, was auch viele Piraten sehr schmuck fanden, ich erwarte von einem Mitglied des Bundesvorstandes einer Partei, die sich dagegen wehrt, eine Spaßpartei zu sein, jedoch etwas mehr politische Präsenz auf einem so wichtigen Event.

Vor kurzem schrieb Aaron Koenig in seinem blog “politicool”, von dessen Namen jeder halten mag, was er oder sie will, über den “Souveränen Umgang mit Nazis“, nicht ohne – wie Schäuble, BILD und alle anderen Hetzer und Ahnungslosen es auch in jedem Rede- oder Zeitungsbeitrag tun – am Ende dieses Artikels über Nazis Links- und Rechtsextremismus gleichzustellen. Den ersten Kommentar, einen kritischen welchen, löschte König und schloss selbige ein paar Posts später komplett.

Heute (bzw. gestern) hat Aaron sich über die Aussagen Thilo Sarrazins, die von der NPD so begeistert aufgenommen wurden, ausgelassen. Selbstverständlich findet es Aaron unanständig, ganze Volksgruppen zu verunglimpfen und die Assoziation zu Konzentrationslagern findet er auch unschön. Ungelesen empfehle ich Aaron das neue Buch von Günter Wallraff; vielleicht sollte sich Aaron auch Hagen Rether über die Einladung zum Tee mal reintun, das geht schnell, ist lustig und tut nicht so weh. Vielleicht sollte sich Aaron König also einfach einmal mit dem Alltagsrassismus auseinandersetzen, den die Migraten hier tagtäglich zu spüren bekommen und dazu dann auch in einem Artikel über ein so wichtiges und elementares Thema wie Integration etwas schreiben. Aaron König schließt seinen Artikel mit dem Statement, dass, “wer aus Kulturen stammt, in denen diese Werte keine große Rolle spielen, muss sie annehmen und verinnerlichen, um hier dauerhaft leben zu können.”, ohne auf diesen Alltagsrassismus einzugehen oder auf wissenschaftliche Erkenntnisse hinzuweisen, dass die Kriminalitätsrate viel eher mit dem sozialem Status bzw. dem Bildungssstand, der wiederum in Deutschland eng an den sozialen Status gekoppelt ist, zu erklären ist als mit der ethnischen Herkunft.

Und weil Aaron König das so verkürzt sieht, dankt Aaron König Thilo Sarrazin für den Anstoß einer Diskussion.

Pause. Sacken lassen.

Mir ist die Piratenarbeit wirklich wichtig; es ist mir ein Herzensanglegenheit, dafür zu kämpfen, dass wir alle auch morgen noch kraftvoll zubeißen können und ich finde es nach wie vor wichtig, dass die Grundrechtsbewegung einen parlamentarischen und auch ‘gesitteten’ Arm hat. Allerdings muss ich meine Mitgliedschaft ruhen lassen, so lange Aaron König im Vorstand oder auf einer wählbaren Liste ist.

Dies ist auf gar keinen Fall als Drohung oder gar Ultimatum zu verstehen, die Piratenpartei wird prima ohne mich existieren – es geht hier einzig um mein Ego, das mir sagt, dass ich nicht für eine Organisation kämpfen kann, deren oberste Vertreter so einen geistigen Brechdurchfall in die Öffentlichkeit posaunen und einem Mann wie Thilo Sarrazin für die Legitimierung übelster rassistischer Ressentiments danken.

Gegen rechts!

P.S.: Warum ich möchte, dass Du, Aaron, wenigstens Dein St. Pauli-Shirt ausziehst? Nun, ich bin nicht viel länger Mitglied in der Piratenpartei als Du und auch wenn ich es nicht glaube, weiß ich nicht wirklich, ob Du den PIRATEN nicht vielleicht doch das Gesicht gibst, mit dem die meisten Mitglieder sich identifizieren können. Aber ich hatte schon Dauerkarten für St. Pauli, als sich im Stadion selbst am Samstag Nachmittag selten mehr als 10.000 Leute einfanden und Unternehmer, die irgendwas mit Medien machten, noch sehr rar gesät waren. Darum kenne ich den Kern der St. Pauli-Fans, und von denen ist kaum jemand weder links noch rechts, aber vor allem dankt von denen niemand dem Rassisten Thilo Sarrazin für den Anstoß einer Diskussion. Inklusive mir.

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Kategorie: zermatschtes | Kommentare (60)

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