Leiharbeit – Unheilvolle Symbiose zweier negativer Begrifflichkeiten

3. August 2009, 06:06 Uhr von Dieter Petereit

Dass Leiharbeit keine Vorteile für die Leiharbeiter bietet, dürfte bereits hinlänglich bekannt sein. Welche sollten das auch sein? Die vielzitierte “Abwechslung” und das “Hineinschnuppern” in unterschiedliche Unternehmen können wir sicherlich einvernehmlich als romantischen Verbrämungsblödsinn entlarven. Auch die aus diesem Vagabundentum angeblich erwachsende Erfahrung, die einen dann wieder wertvoller für andere Arbeitgeber machen soll, habe ich noch nie in einem Anforderungsprofil wiedergefunden. Im Fazit bleibt es bei der bekannten Tatsache, dass Leiharbeit lediglich dem ausleihenden Unternehmen, sowie dem leihenden Gewerbetreibenden nutzt.

Deren Nutzen indes sind gewaltig. Das ausleihende Unternehmen verdient typischerweise das doppelte bis dreifache dessen, was sie dem Leiharbeitnehmer auszahlen muss am Kunden, also dem leihenden Gewerbetreibenden. Und der Kunde, also der leihende Gewerbetreibende macht trotzdem noch einen Schnitt, indem er nicht nur deutlich weniger an den Leiharbeitgeber zahlt als er für eigene Mitarbeiter aufwenden müsste. Darüberhinaus hat er mit Dingen wie Kündigungsfristen, Urlaub, Krankheit etc. ebenfalls nichts am Hut.

Zur Absicherung gegen just letztgenannte Dinge haben ausleihende Unternehmen seit jeher Konstruktionen geschaffen, die unterschiedliche Namen tragen. Meist läuft es darauf hinaus, dass die Leiharbeiter mehr pro Woche arbeiten müssen, als sie bezahlt bekommen. Gängig scheint ein Satz von rund 10 Prozent zu sein. Der Leiharbeiter arbeitet beim leihenden Gewerbetreibenden also beispielsweise 40 Stunden, bekommt aber von seinem Arbeitgeber, dem leihenden Unternehmen nur 36 Stunden bezahlt.

Dabei ist es indes nicht so, dass diese schönen Zusatzeinkünfte des leihenden Unternehmens den Leiharbeiter im Zweifel auch tatsächlich vor Kündigungen schützen würde. Vielmehr kann es als Standard betrachtet werden, dass Leiharbeiter das Unternehmen verlassen, sobald kein unmittelbarer Anschlussauftrag vorliegt. Auf diese Weise entsteht durch die nicht verbrauchten Rücklagemittel etwas ähnliches wie der Pfandschlupf in den Einwegsystemen. Hübsche Sümmchen dürften sich die ausleihenden Unternehmen auf diese Weise zusätzlich einführen.

Aber, wie gesagt, das ist Standard. Nicht Standard, aber auch nicht unüblich sind die miesen Tricks, die manche leihende Unternehmen ansonsten auf der Pfanne haben. In jüngster Zeit ist hier das Unternehmen RLP Zeitarbeit und Industriemontage GmbH & Co. KG im westfälischen Hagen auffällig geworden.

RLP hat, wie Der Westen berichtet, kaum etwas ausgelassen. Von der Rückdatierung von Kündigungen bis hin zur Abkassierung von Mitarbeitern für Untersuchungen, die der Arbeitgeber zu zahlen hat, scheint den Verantwortlichen nichts fremd gewesen zu sein. Würde mich nicht wundern, wenn die Mitarbeiter aus ihren kargen Löhnen auch noch etwa erforderliche Schutzkleidung haben aus eigener Tasche zahlen müssen.

Wer den Einsatz von Leiharbeit erwägt, sollte sich das dahinter stehende Unternehmen genauestens ansehen. Immerhin gibt es durchaus berechtigte Einsatzgründe für einen Leiharbeiter, z.B. als Urlaubsvertretung oder als Ersatz bei längeren Krankheiten oder in überschaubaren Stoßzeiten. Wer Leiharbeiter als Ersatz für Bestandspersonal dauerhaft einsetzen will, hat sich meines Erachtens ohnehin außerhalb des sozialen gesamtgesellschaftlichen Konsens gestellt und wird sich von daher auch nicht für das Schicksal seiner modernen Sklaven ansonsten interessieren.

Alle anderen sollten bei RLP einmal genauer hinsehen. Im Branchenbuch stehen noch ganz viele Adressen. Auch in Hagen…

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5 ma was gesacht

  1. “Auch die aus diesem Vagabundentum angeblich erwachsende Erfahrung, die einen dann wieder wertvoller für andere Arbeitgeber machen soll, habe ich noch nie in einem Anforderungsprofil wiedergefunden.”

    Im Gegenteil. Im Bewerbungsgespräch wird man dann noch geragt, warum man sich denn keine feste Stelle gesucht hat.

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    gesacht am 03. 08. 2009 um 19:01 Uhr
    von Hosentaschenpunk
  2. Warum müssen wir Menschen überhaupt noch arbeiten, wo es doch Roboter, Hunde und Workaholics gibt?

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    gesacht am 03. 08. 2009 um 19:04 Uhr
    von Benjamin
  3. Dieter… danke für deinen Beitrag, obwohl ich etwas enttäuscht bin, dass Du gar keinen bloginternen Skandal generiert hast ;-) Beste Grüße!

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  4. Bitte bitte. Nun ja. Zunächst habe ich Deine Mail nicht gesehen, wegen Email auffem Handy und selektiver Wahrnehmung und so. Dann war ich selber im Urlaub und erst danach fand ich doch noch deine Mail. In der Kürze der Zeit ist mir dann leider kein Skandal mehr eingefallen. Mist. Ich war wohl einfach zu entspannt. Nächstes Mal schreibe ich vor meinem Urlaub ein paar Skandale vor ;-)

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  5. Wenn man von einem Thema keine Ahnung hat, sollte man vielleicht die Klappe halten oder sich erst schlau machen, nicht?! Resentiments schüren und Demagogie betreiben passt zu Herrn Koch. Das muss doch nicht sein.

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    gesacht am 07. 04. 2010 um 21:16 Uhr
    von Sascha

Sach ma was...

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Datum: Montag, 3. August 2009 um 06:06
Kategorie: Sommerlochbloggen
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