Who wants to fuck me?
18. Januar 2013, 01:16 Uhr von pantoffelpunkProlog:
Ich gebe jedem individuell die Chance, mich vom Gegenteil zu überzeugen – grundsätzlich finde ich aber die meisten Menschen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Nationalität, Religion, sexueller Ausrichtung, Aussehen, Größe oder Gewicht erst einmal Scheiße.
In meiner Timeline ist Sexismus ein zu Recht immer wieder kehrendes Thema. Ich gestehe, dass ich zwar Antisexismus unterstütze, aber sicher eher kein wirklicher Fachreferent bin. Manchmal allerdings helfen auch schlicht Mut, Diversität zuzulassen, eine Portion Gelassenheit und gesunder Menschenverstand weiter, um sich in einer Debatte zu positionieren und das auch vertreten zu können.
Was wiederum zu den Themengebieten gehört, die mir sehr am Herzen liegen… das sind die Freiheit der Rede und die Freiheit der Kunst in all seinen Ausprägungen, Spielarten und Varianten, weshalb ich das Bedürfnis hatte, mich in die Diskussion um das neue Format von Christian Ulmen – “Who wants to fuck my Girlfriend” – einzumischen.
Worum geht es? Tele 5 wird dieses Format ausstrahlen, das von Ulmen TV produziert wird. In der Ankündigung heißt es:
In der Sendung selbst sollen zwei erfolgreiche und vergebene Männer gegeneinander antreten, indem sie ihre Freundinnen vergleichen.
Jeder wette “Meine Freundin ist die Geilste – und: Alle Männer dieser Welt möchten mit ihr schlafen”, so Tele 5. Und wie tritt man den Beweis an? Die Freundinnen müssen Punkte sammeln – gemeint sind eindeutige Angebote. Etwa in Cafés, Bordellen oder sogar auf den Straßenstrich. Derjenige, dessen Freundin am häufigsten angebraten wid, gewinnt – und zwar “einen Kranz, auf dem ‘Everybody wants to fuck my girlfriend’ steht”, so der Privatsender.
So weit, so – sorry – totkomisch.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Menschen mit einem etwas enger gefassten Satirebegriff diese Sendung weniger komisch finden und folgerichtig wurde die Sendung auch schon direkt nach Ankündigung als “sexistische Kackscheiße” abgeurteilt und es wurde zu Protesten und Briefeschreiben an den Sender bzw. die Produktionsfirma aufgefordert. Zunächst ging ich davon aus, dass die Kritiker und Kritikerinnen nicht erkannt haben, dass es sich um eine Satire handeln würde, weil ich die Aufregung um diese alberne Ankündigung einfach nicht verstanden habe – und schließlich wurde auch noch nicht eine Minute dieser Sendung ausgetrahlt. Und so war ich etwas enttäuscht, dass selbst die von mir sehr geschätzte @anked gestern Abend nicht bereit war, darüber mehr als ein Statement zu verlieren und die ähm “sich anbahnende Diskussion” wortlos beendete.
@anked Oder erstmal gucken und dann meckern?
— pantoffelpunk (@pantoffelpunk) Januar 16, 2013
@anked Z.B. indem einer Gesellschaft, in der es übrigens auch frauenfeindliche Frauen gibt, der Spiegel vorgehalten wird?
— pantoffelpunk (@pantoffelpunk) Januar 16, 2013
Bass erstaunt, also Monsterbass erstaunt, war ich heute dann allerdings über die diskurskulturelle Höchstleistung auf dem Blog der Mädchenmannschaft, wo das Thema natürlich auch aufgegriffen wurde. Hier hatte frau zwar bereits erkannt, dass die Sendung als Satire konzipiert ist, spricht den Produzenten allerdings im selben Atemzug ab, das selbst entscheiden zu können und zitiert zustimmend einen facebook-Kommentar:
ach wie schön, pappen wir das label “satire” drauf, und schon ist sexismus nicht nur salonfähig, sondern alle seine kritiker_innen spaßbefreite kunsthater_innen. gratuliere, tele5, es ist und bleibt sexistischer müll.
Weil sich mir aber nun mal bei Zensur – vor allem von satirischer Gesellschaftskritik (und darauf läuft das Engagement hinaus) – sämtliche Bodyhärchen aufstellen und ich die Freiheit der Kunst wie eingangs schon erwähnt als eines der höchsten Güter unserer mehr oder weniger freien Gesellschaft ansehe, wollte ich meine Sicht in die Diskussion einbringen. Und habe kommentiert.
Zunächst wurden dann Kommentare freigeschaltet, die nach meinem gepostet wurden – worüber ich mich schon wunderte, aber dann musste ich wirklich lachen: Ich bekam eine öffentliche Antwort auf meinen nicht freigeschalteten Kommentar – also quasi eine Non-Mention im Blog. Daraufhin habe ich dazu eine Kurzantwort geschrieben, die ebenfalls nicht freigeschaltet, aber öffentlich beantwortet wurde. Ich battle Deine Kommentare nieder, die keiner sehen kann und verweigere Dir die Möglichkeit zu antworten. So einfach ist das: My Blog, my discussions, my right, my goodness! Oh my fuckin´ Hegel, das ist so armselig kindisch, dass sich diese Truppe beteiligten Autorinnen* für mich aus jedem Diskurs verabschiedet haben.
Tenor der Non-Mentions: Ich habe schon geschrieben, dass es Sexismus und keine Satire ist, also ist es Sexismus und keine Satire. Punkt. I claimed Definitionshoheit, let me brutzel alone with my fangirls in my own juice. Ich entscheide, was Sexismus ist, ich entscheide, was Satire darf und niemand verwirre mich bitte mit abweichenden Weltsichten. Me Queen, you asshole.
Nachdem ich mich gefragt habe, wo das Kernproblem in diesem aneinander vorbeischreiben liegt, bin ich in den Kommentaren fündig geworden und es fiel mir wie Schuppen aus den Haaren. So zitiert eine Blogautorin einen weiteren facebook-Kommentar:
Selbst wenn es darum gehen mag, die männlichen Teilnehmer bloßzustellen, ….
Es wäre also gegebenenfalls noch ein “gut gemeint” attributiert worden, wenn es in der Sendung darum gehen würde, Männer bloßzustellen … da wurde mir schlagartig klar, dass bei den Kritikerinnen dieses Formates eine Sache, die für mich vollkommen selbstverständlich war, nicht einmal ansatzweise im Entferntesten auch nur peripher in Erwägung gezogen wurde und wird:
Aber hey, damned shit, ja, hier werden wahrscheinlich auch Frauen verarscht! Potztausend und Schockschwerenot! In dieser Satire scheint es nicht nur um den Sexismus der Männer sondern auch darum zu gehen, oberflächliche, lookistische, fame- und fernsehgeile Frauen bloßzustellen! Frauen, die genau das Frauenbild transportieren, dass Frauen sich für Geld, Erfolg und ein bisschen Sendezeit von jedem vögeln lassen! Sexistische Frauen! Frauenfeindliche Frauen! Und das ist, verdammt noch mal, vollkommen in Ordnung! Es spricht nämlich rein überhaupt gar nichts dagegen, solche Frauen auf die Schippe zu nehmen! Null. Nada. Rien.
Und da ich in meinem Kommentar von frauenfeindlichen Frauen schrub, drängt sich mir – so flach das auch erscheinen mag – der Verdacht auf, dass hier einfach nicht sein darf, was nicht sein kann: Dass nämlich Sexismus im Allgemeinen und Frauenfeindlichkeit im Speziellen gar kein per se ausschließlich* maskulines Phänomen und Problem ist sondern ein gesamtgesellschaftliches. Und dass – darum der doofe Spruch, liebe Julia – Frauen gar nicht die besseren Menschen sind.
Denn es gibt diese Frauen, so leid es mir tut. Da mein Fernseher an den meisten Tagen des Jahres aus ist, kenne ich die meisten Sendungen nur vom mal kurz bei anderen ein paar Minuten sehen und aus Berichten der Medien und von Bekannten:
Aber als das für mich sprechendste Beispiel erscheint mir “Der Bachelor” – 10 (oder 12?) Frauen werben um die Gunst eines ihnen unbekannten, hübschen, tollen, coolen Mannes. Sie halten die Möpse in die Kamera und stellen sich einem ihnen unbekannten Mann zur Verfügung. Für was? Für soziale Absicherung? Für ein paar Minuten Sendezeit? Für Fame? Für den Traum der großen Karriere? Man weiß es nicht. Aber es wurde in der letzten Staffel von – enttäuschenden – 3,7 Millionen Menschen geguckt, davon dürften etwa 3 Millionen Frauen gewesen sein. 3 Millionen Frauen, die die dort präsentierten Sexismen nicht nur reproduzieren sondern komplett abfeiern.
Gegen den Bachelor und die ganzen anderen hohlen Formate wie “Schwer verliebt”, “Schwiegermutter gesucht”, “Bauer sucht Frau”, “Dismissed”, “Bauer sucht eine neue Frau” und sonstigen geklonten Kuppel-Dreck ist “Big Brother” ein antisexistisches Datenschutzprojekt.
Für mich ist Antisexismus kein Krieg zwischen den Geschlechtern sondern ein Kampf gegen Welt- und Menschenbilder, die von Menschen beiderlei Geschlechtes vertreten werden. Würde ich “Den Bachelor” gucken, würde ich mich 90 Minuten fremdschämen: Für einen Snob, der meint, sich die Frauen aussuchen zu können, weil er der Geilste ist und für 10 Frauen, die sich die Blöße geben, mit “den Waffen einer Frau” (sprich: Titten, Arsch, Beine, Lippen, Schminke) um diesen Snob zu buhlen. Und für 3,7 Millionen Menschen, die diesen Rotz geil finden.
Da wird es doch höchste Zeit, dass sich mal jemand diesen würdelosen Auswüchsen – exhibitionistisch auf der einen und voyeuristisch auf der anderen Seite des Bildschirms – satirisch annimmt. Am besten mit dem Dampfhammer. In der Hoffnung, dass sich der und die eine oder andere wiedererkennt und zur Einsicht gelangt. Und wenn nicht, dann wenigstens zu dem Zwecke, dass ich mich über diese “ganz normalen” Leute, die tagtäglich vor dem Fernseher vor sich hin verdummen, amüsieren kann.
Epilog:
Da es hier – zumindest als Aufhänger – um eine TV-Sendung geht, die noch niemand gesehen hat, ist alles natürlich rein spekulativ. Sorry for that.
Epi-Epilog:
Und ich freue mich total auf die geplanten Specials wie “Who wants to fuck my wife?”, “Who wants to fuck my lesbian girlfriend?”, “Who wants to fuck my mother?” und vor allem wenn Kevin-Pierre aus der 3c der Grundschule Köln-Hürth gegen Maximillian aus der 4d der Grund- und Hauptschule Hintertupfingen wettet: Meine Lese-Lehrerin ist der allergeilste Fickschlitten nördlich des Amazonas – “Who wants to fuck my teacher?”. Muharrharrrharr! Selber gemerkt, oder?