Gemischte Sauna ist ja gut, wir sind ja auch frei heut zu Tage. Einige Herren waren mit ihren Damen da, einige Frauen mit ihren Männern, meine Frau war mit mir da und eine andere war mit Bruno da.
Das war wirklich ein Problembär! In Bayern würde die in der Sauna erschossen werden. Alter Finne!
Wenn mein Nachbar, ein gebürtiger Engländer, mal wieder das Heimweh plagt, tröste ich ihn gern damit, dass es hier ja aber wenigstens was anständiges zu essen gibt. Einen türkischen Freund wecke ich gern mal mitten in der Nacht mit dem Ausdruck meiner Besorgnis, da ich gerade einen Bericht über muslimische Schläfer gesehen hätte, die plötzlich irgendwen in die Luft sprengen. Wenn ich meinen Cousin in der Schweiz anrufe, frage ich ihn manchmal, ob ich ihn gerade bei der großen Geldwäsche stören würde, es ist ja Frühjahr oder ob er kurz Zeit hätte – mein Telefon würde auch nicht vom Finanzamt abgehört, weil ich schließlich immer pünktlich meine Steuern zahle (was im Übrigen total gelogen ist). Ein afrodeutscher ehemaliger Arbeitskollege sagte mir, als ich bei 50° C auf Station platt in der Ecke hing “Jetzt weissu, warrum wirr Neger alle sso faul ssind!”. Einen Freund, der beim BGS arbeitet, begrüße ich stadardmäßig mit “Na, Bulle!” und habe ihm ein T-Shirt gemacht mit einer Strichliste – jeder Strich ein auf der Demo weggeklatschter Linker. Meinem schwulen Freund Professor S. unterstelle ich, nur Fußball zu gucken, weil er da behaarte Beine sieht und gut pfeifen könne er schlecht aber schlecht Bälle werfen könner er dafür gut. Ich selbst höre von ‘punkiger’ Seite gern oft, dass ich nicht mit aufs Konzert komme, weil ich um neun ins Bett muss – von gesitteter Seite wiederum … na egal. Kurz: Alles zwar keine Schenkelklopfer, klar. Aber all die oben genannten sind Menschen, die über sich selbst schmunzeln können.
Der gemeine Ossi kann das nicht.
Der Ossi ist ja ein noch sehr unerforschtes Wesen, was daran liegen dürfte, dass auch niemand so genau wissen will, was es mit ihm so auf sich hat. Es gibt unter den Ossis Polizisten, Familienväter, Arbeitslose, Bäcker, Frauen, Kapitäne, Lehrer, Rechte, Linke, Fußballer, Autofahrer, Administratoren, Tiefbauamtsleiter, Kichenchorsopranistinnen, Kranführer und Schiffschaukelbremser so wie viele andere unterschiedliche soziale Rollen und Bezeichnungen. Allen gemein scheint nicht nur, dass sie alle Ossis sind, sondern vor allem, dass sie das Ossi-Sein in den Vordergrund ihres Daseins stellen. Sie sind als aller erstes Ossis. Dann Mecklenburger (wahlweise Sachse, Anhaltiner, Berliner oder sonstiges), dann sind sie eine ganze Zeit lang nichts und dann sind sie Vater, Mutter, Hobby-Angler oder Fleischereifachverkäufer. Aber zu allervörderst sind Ossis Ossis. Darum darf man auch ungestraft Scherze über Buchbinder, Hotelfachangestellte, Näher und Aerobic-Vorturnerinnen machen, es ist auch nicht schlimm, das Auto eines IKEA-Mitarbeiters aus der Hot-Dog-Abteilung, eines Journalisten, Lokführers oder einer Prostituierten anzuzünden, nicht jedoch sollte man auch nur ein kleines, geschmackloses Witzchen über den Ossi machen. Denn darüber kann der Ossi gar nicht lachen, vielmehr fühlt er sich dann in seiner gesamten Persönlichkeit herabgesetzt und auch wieder einmal ein kleines bisschen geholocaustet.
Kurioserweise kann auch der vermeintlich linke Ossi nicht über Witzchen über rechte Ossis lachen (und seine Frau schon gar nicht) – zu stark ist offensichtlich selbst beim vermeintlich linken Ossi die Heimatverrrbundenheit, das daraus resultierende Identifikationsmodell (s.o.) und vielleicht auch zu mächtig das rechts und links verbindende Moment des osttypischen Sozialneides und der Reduzierung des sozialen Miteinanders auf Sex, Gewölt un´ güde Laune.
Naja. Wenn die Partei erstmal wieder an der Macht ist, wird alles gut.
U.a. deshalb weigere ich mich fortan, Solidaritätszuschlag zu zahlen, ich will außerdem eine reelle Mitbestimmung, was mit meinen Steuern passiert (Kein West-Ost-Transfer meiner Euros mehr!) und ich will den antifaschistischen Schutzwall wiederhaben.
Kompromiss zur Güte: Ihr da drüben bekommt die West-Faschos im Austausch gegen die paar vernünftigen Zonis; und Eure Migranten und Migratinnen nehmen wir auch gern. Und dann lasst Ihr die NPD regieren, spielt da drüben “1000 Jahre national befreite Zone”, dann braucht Ihr nicht mehr beim Juden zu kaufen und nicht mehr beim Araber, und nicht mehr beim Spaghetti und auch nicht beim Singvogelfresser. Ihr kauft und lebt und esst dann einfach strikt arisch, feddich. Viel Spaß dabei.
Aber wehe, Ihr kommt nach einem Monat an und wollt Care-Pakete von uns. Gibt´s nicht!
Im Moment habe ich das Gefühl, hier macht jeder, was er will – und das schlimmste ist, dass ich müde geworden bin, mit dem Finger darauf zu zeigen, mich aufzuregen oder gar etwas darüber zu schreiben.
Ich erwähnte mal, dass ich in dem Jahr, in dem ich 40 werde (das ist noch hin, räusper), mit dem Kartengott nach Guca fahren werde. Gerade bemerkte ich, dass die Veranstalter dieses Festivals die Webseite modernisiert und vor allem – Ihr Götter !!! – einen üppigen Downloadbereich eingerichtet haben.
Ich bitte Euch: Es ist Freitag Abend und Ihr habt alle Zeit der Welt. Setzt Euch Kopfhörer auf, nehmt Euch ein Kaltgetränk Eurer Wahl (Hopfenschorle, Rotwein, Planter´s Punch) und hört Euch bspw. dieses … dieses … Meisterwerk an:
“Wenn ihr heute wieder Familien zerstören wollt, und sei es nicht Berlin, sondern in Bagdad oder Teheran, oder Familien aus Dayton oder Miami-Beach, dann bekommt ihr dafür niemals meine Stimme, nie meine Sprache, nicht meine Stuergelder und schon gar nicht mein Blut.”
Ebenfalls von dort sind die clips von MTV, die vor dem Polzeistaat warnen:
Und nochmal:
Und der Rest der publizierenden Zunft? Immer noch tot?
Ich wurde letztens gefragt, ob und wie man als alternder Revolutionär (echt, das ist zitiert) mit den Kindern Ostern begeht. “Ganz normal.” habe ich geantwortet, so wie wir auch ganz normal Kindergeburtstage feiern: