So wie wir uns generalverdächtig machen, wenn wir auf unserem Grundrecht bestehen, etwas zu verbergen, so gelten wir auch gemeinhin als Terrorist, wenn wir unser Grundrecht wahrnehmen, unsere Meinung via Demonstration zu vertreten. Steffen Berger, der beim G8 in Heiligendamm schwer am Auge verletzt wurde (Das Photo erreichte traurige Berühmtheit), strengt jetzt, nachdem die meisten Klagen gegen brutale Polizeiübergriffe im Sande verlaufen sind, eine Zivilklage an.
Von hier aus alles Gute und reiß ihnen den Ar… auf!
Als ich um 1988 herum nach einem Bambule-Wochenende in der Hafenstraße in die heimatliche Provinz in Nordfriesland zurücktrampte, wurde ich von einem jungenBullenschwein Polizisten mitgenommen, der völlig am Ende war. Er sei doch zur Polizei gegangen, um in seinem Heimatdorf dafür zu sorgen, dass es allen gut gehe. Die Gewalt, die er an diesem Wochenende in HH auf beiden Seiten erlebt hat, hat ihn an seiner Berufswahl erheblich zweifeln lassen. Dieses Erlebnis hat mir wiederum auch nach zahlreichen negativen Erlebnissen mit der Staatsmacht in relativ jungen Jahren klar gemacht, dass nicht alle “Bullen” Schweine sind, sondern tatsächlich Menschen mit eigenen Schicksalen in den Kampfanzügen stecken.
Aber einige Staatsdiener in Exekutive und Judikative machen es einem schon immer wieder schwer, an diesem Codex festzuhalten. Menschen, die regelmäßig an Demonstrationen teilnehmen, wissen wovon ich spreche. Zum Beispiel von fiesen Tränengas-Attacken (Sekunde 25)…
…oder den folgenden Vorkommnissen beim Klima- und Antirassismuscamp in Hamburg, wo ein stockschwingender Ordnungshüter einen Kameramann schlug und ihm den offiziellen Presseausweis abnahm.
Film von mir gekürzt, komplette Langfassung bei graswurzelTV
Natürlich waren weder Name noch Nummer des betreffenden Schlägers in grünblau schwarz herauszufinden und so ist es unseren Beamten eben möglich, Grundrechte nach Gutdünken einzuschränken, nach Lust und Laune eben.
Doch selbst wenn es zu einer konkreten Anklage kommen würde, hat ja kein Polizist zu befürchten, mehr als ein Jahr zu bekommen – selbst bei fahrlässiger Tötung aus Desinteresse oder Dummheit, wer weiß es in diesem Fall schon?
Denn statt ihn nach Hause oder wenigstens aufs Revier zu fahren, brachten die beiden Beamten den [völlig betrunkenen, Anm. pp] 18-jährigen Gymnasiasten – offenbar aus Bequemlichkeit – gerade so weit, dass sie örtlich nicht mehr zuständig waren, und setzten ihn einfach am Straßenrand ab. Wenig später wurde der Schüler, mitten auf der Straße sitzend, von einem Auto überfahren.
Die Beamten erhielten jeweils 9 Monate auf Bewährung, bei einer Strafe ab einem Jahr – ob mit oder ohne Bewährung – verlören die Angeklagten ihren Beamtenstatus und müsste aus dem Dienst suspendiert werden. Ich bin gespannt auf die Neuauflage des Prozesses.
Zum Thema nur am Rande passend, aber dringend lesenswert ist da redblogs Zitate-Gegenüberstellung von Chefalkoholiker Franz-Josef Wagner und Max Reimann zum Thema Grundgesetz.
Der Gipfel ist vorbei und es wurde getagt und demonstriert, gelogen und dementiert, es wurde geboxt und geknüppelt, verhaftet und verklagt. Es wurde gekämpft, gesungen und geschrien, getanzt und gelacht, geheult und ganz nebenbei wurden ein paar butterweiche Kompromisse geschlossen.
Und irgendwie gab es bei dieser Geschichte hauptsächlich Verlierer. Verloren haben vor allem die poor people, die in diesen Gipfel Hoffnungen gesetzt haben, denn selbst wenn die Entwicklungshilfe erhöht wird, wird es nichts ändern, solange nicht das Konzept der Afrikahilfe grundsätzlich geändert wird. Verloren hat das Klima, denn man erwägt nur ganz eventuell mal darüber nachzudenken, in den nächsten 43 Jahren die Emissionen vielleicht zu senken. Verloren haben die Polizeibeamten, die zwischen den Fronten zerrieben wurden. Verloren haben die Politiker, weil ihr Theater selbst dem obrigkeitsgläubigsten Michel offensichtlich wurde. Und verloren hat attac, das sich von radikalen Demonstranten distanzierte und Bündnisse mit der Staatsmacht schloss, von der attac jedoch nach wenigen Stunden wieder enttäuscht wurde. Verloren hat der Steuerzahler, der diese Komödie bezahlen musste. Verloren haben all die engagierten Menschen, die Zeit, Geld und zum Teil Gesundheit opferten, um etwas zu erreichen, wofür sich jedoch niemand der G8ler interessiert hat.
Und verloren hat neben vielen Prominenten, die öffentlich ihre Meinung kundtun durften, vor allem Udo Lindenberg, der wieder auf Whiskey umsteigen und nicht so viel fettarme Milch spritzen sollte….
… während ich die Alben der Hamburger Rockgruppe “selig“, deren Sänger Jan Plewka war, demnächst noch einmal unter ganz neuen Paradigmen anhören werde.
Spreeblick sucht einen besseren Untertitel für dieses Bild als ihn der Stern gewählt hat und da ich lieber pixxel als texte, beteilige ich mich auf diese Art an dem Spektakel:
In der Schule gab es auch immer so windelweiche Spucker, die schon bevor der Lehrer nach den Verursachern von Ärger gefragt hat, laut schnipsend “Ich war das nicht! Ich war das nicht!” gerufen haben.
Am liebsten hätten sie auch noch gepetzt und Namen genannt, aber dafür waren sie dann doch wieder zu feige.
Wenn Sie sich im Fernsehen betroffen wähnen, weil die Randale in Rostock dem bunten und kreativen Protest einen Bärendienst erwiesen hätten, dann kommt es mir ein bisschen so vor, als würden Sie etwas noch nicht ganz mit bekommen haben: Sie sind gar nicht Teil des Protestes in Rostock und anderswo – Sie sind eine von denen, gegen die da protestiert wird. Remember 7 Jahre rot-grün.