Ich muss kurz den Streik brechen, weil ich gerade aus dem in-mich-hinein-lachen nicht herauskomme: Gott, bin ich doof.
Also: Die örtliche Antifa von in der Nähe wo ich wohne führt ein sehr akribisches Who-is-Who der ansässigen Nazis, was auch schon mal in der Identifikation von Schlägertypen ganz hilfreich war. Und weil ich ja helfe, wo ich kann, habe ich mir in einem frühmorgendlichen Anflug von Politengagement gedacht, dass ich diese Datenbank unterstützen kann, wenn ich diesen ultrahässlichen Arier fotografiere, der mit seiner Glatze, einem Paar echter Schweinsaugen, Bomberjacke mit Reichskriegsfahnenaufnäher, Thorshammerkette vom Jahrmarkt, Consdaple-Sweater und Working-Class-Stahlkappen-Schuhen im Bus etwa drei Meter von mir entfernt versuchte, einen Gedanken zu denken.
Der Plan: Ich zücke mein Handei, tue so, als würde ich eine SMS an den nationalen Widerstand schreiben und mache so unauffällig wie möglich ein Foto seiner abstoßenden Hackfresse. Das mit der SMS hat nicht so funktioniert, weil ich das Telefon doch etwas höher – also eigentlich sehr hoch – halten musste. Da ich ihm aber unterstellte, dass ihn die Anwesenheit so vieler optischer Reize in Gestalt von mehr als 20 Menschen im Bus und den vorbeiziehenden Bäumen und Gebäuden so weit überfordere, dass er mich nicht wahrnehmen würde, habe ich also auf die Tarnung verzichtet, ihn schön eingezoomt und gewartet, dass er seine missgestaltete Visage in meine Richtung dreht, was er prompt nach wenigen Sekunden tat.
Da aber der pantoffelpunk ein pantoffel- und kein Streetpunk ist, hat der pantoffelpunk natürlich ein ultrakrassmodernes Handy, dass beim Fotografieren unterbelichteter Personen in unterbelichteten Räumen erst selbigen vermittels LED-Scheinwerfer in ein schönes weißes Licht taucht und dann beim Knipsen einen Blitz absondert, der Maulwürfe erblinden lässt und außerdem das Geräusch einer uralten Klick-Klack-Kamera macht, was mir aber alles erst wieder einfiel, als ich Mr. Brainless schon in Farbe – und wundervoll ausgeleuchtet – auf meinem Display bappen hatte.
Morgen fahr ich wieder Bus und bin schon gespannt, was passiert, wenn er dann wieder sehen kann.