Der Krieg in den Köpfen der Meinungsmacher.
6. Juni 2007, 12:03 Uhr von pantoffelpunkDer Spiegelfechter (im Übrigen fürs Gesamtwerk: Chapeau!) hatte es wohl als erstes bemerkt, dass Herr Reuter (dpa) die Rede von Walden Bello falsch wiedergegeben hatte und SpOn (und andere) die Meldung ungeprüft übernommen hatte.
SpOn hatte die Meldung nach drei langen Tagen 23 langen Stunden (sorry) korrigiert und einen entsprechenden Videomitschnitt im Artikel bereitgestellt, in dem deutlich wird, dass weder Bello noch sein Übersetzer zum Krieg gegen die Polizei oder die Gipfelteilnehmer aufgefordert hatte, sondern nur das Thema Krieg in die Diskussion bringen wollte, da “ohne Frieden keine Armutsbekämpfung” möglich sei.
Als ich mich gestern (05.06.2007) durch eine relativ reißerische Fotoserie auf ntv.de geklickt hatte, fiel mir dieses Bild bzw. dessen Unterschrift auf:
Daraufhin habe ich die Redaktion über deren Webformular auf den Fehler aufmerksam gemacht:
Selbst SpOn hat die Meldung, dass ein Demoredner die Demonstranten zum Krieg aufgefordert hätte, seit Tagen korrigiert und im ganzen Netz weiß man Bescheid, dass der Mann das NIE so gesagt hat und alle Redaktionen einem Übersetzungsfehler von Herrn Reuter (dpa) aufgesessen sind. Nur NTV hats scheinbar noch nicht gemerkt.
MfG usw.
Erstaunlicherweise hat ein Herr T. von der nachrichtenmanufaktur (hochinteressantes Jobangebot übrigens) nach weniger als zwei Stunden geantwortet. Reschpekt! Der Inhalt seiner mail war allerdings ebenso erstaunlich. Leider hat Herr T. auf meine Anfrage, ob er einer Veröffentlichung seiner mails zustimmen würde, nicht geantwortet, so dass ich mich hier damit begnügen muss, die wichtigsten Stellen so sinngemäß wie möglich wiederzugeben. Herr T. hat mir nicht nur den Link zu dem Spiegel-online Artikel sondern auch direkt über die SpOn-Seite eine Video-Empfehlung zu dem Video der Bello-Rede gesendet, auf das ich mich in meiner Kritik beziehe. Hä? Zudem stellte er fest, dass die nachrichtenmanufaktur einfach bei den Fakten bliebe und im Gegensatz zu SpOn keine Korrekturen von anderen berichterstattenden Zuhörern, die sich verhört haben, korrigieren würden. Was auch immer mir der Künstler damit sagen wollte.
Ich habe Herrn T. auf diese unbefriedigende Antwort hin eine weitere mail geschrieben:
Hallo Herr T.,
bemerkenswert, dass Sie so schnell reagieren, danke dafür.Und natürlich kenne ich das Video und Bello sagt sinngemäß:
“Man hat uns [...] gesagt, wir sollen den Krieg aus der Diskussion raushalten [...] wir müssen den Krieg in diesen Protest bringen, denn ohne Frieden gibt es keine Armutsbekämpfung! Amerika raus aus dem Irak und raus aus Afghanistan.”Es geht hier also nicht darum, einen kriegerischen Protest zu organisiseren, sondern den Krieg zum Thema zu machen.
Ich frage Sie also, inwiefern Sie sich mit Ihrem Satz “… ruft zum Krieg auf” an die Fakten halten?
MfG usw.
An dieser Stelle wurde der Praktikant Journalist T. etwas ungehalten und formulierte seine Antwort schon etwas schärfer. Auch bei wohlwollender Übersetzung der Rede seien die Fakten, dass der Krieg in dieses “Meeting” getragen werden müsse und dieses Meeting sei nicht ein Treffen der Allierten im Irak sondern eben der G8-Gipfel, auf dieser Feststellung fuße die Berichterstattung und wenn ich eine andere Meinung hätte, soll ich sie behalten – geschenkt. Außerdem hoffe er, dass ich jetzt verstanden hätte, dass die Meldung für die nachrichtenmanufaktur nicht diskutabel ist.
Nun gut, ich hatte wohl gestern nicht besseres vor und schrieb eine weitere Antwort auf seine Antwort (Re:AW:Re:AW…).
Herr T.,
es ist ja nicht entscheidend, an welche Veranstaltung sich das Statement richtet. Im Gegenteil geht Bello ja sogar darauf ein, dass es “Ratschläge” gab, diese Kriege auf dem Gipfel nicht zum Thema zu machen. Für ihn ist das aber Thema des G8-Gipfels.
Entscheidend ist, dass es ihm darum geht, den Krieg zum Thema zu machen und nicht darum, Krieg zu führen.Ihren arroganten Zynismus können Sie sich im Übrigen schenken, ich habe nämlich sehr wohl ihre Argumentationskette verstanden, ich habe allerdings immer noch nicht verstanden, warum Sie Fakten so hinbiegen, dass es eine Krachermeldung wird. Haben Sie das wirklich nötig? Das wirft für mich persönlich ein ganz neues Licht auf NTV.
Darauf habe ich dann keine Antwort mehr bekommen und ich habe dann endlich eines verstanden: Diese Meldung ist für die nachrichtenmanufaktur – trotz widerlegender Fakten – nicht diskutabel.
Als ich dann gestern am späten Abend diesen Beitrag vorbereiten und zu diesem Zwecke noch einen Screenshot machen wollte (der erste schlummerte auf einer Festplatte, an die ich gestern abend nicht herankam), habe ich mich dann noch einmal durch die Bilderserie geklickt und die indiskutable Bildunterschrift war weg.
Na sowas.