Der Geist des Internet oder: ein Heuchelmord
31. März 2009, 01:08 Uhr von pantoffelpunkWenn ich in Diskussionen die RAF als logische Konsequenz auf einen niemals entnazifizierten Staat, der jede progressive Idee und jeden Widerstand im Keim erstickte, verteidige, höre ich all zu oft, dass sie aber letztlich trotzdem kontraproduktiv war, weil die Reaktion des Staates nicht mehr sondern im Gegenteil noch weniger Freiheit war. Im Zuge der Terroristen-Paranoia durften Polizisten bei “Gefahr im Verzug” ohne konkreten Verdacht auf eine Straftat Personen oder Fahrzeuge überprüfen – im Übrigen eine Art der Begegnung mit der Staatsmacht, die mir in jungen Jahren mehr als einmal zu Teil wurde.
Heute zeigt sich deutlich, dass es weder die linke Radikalität noch die Gewalt ist, die zu schärferen Gesetzen führt, sondern dass das subjektive Empfinden derer das entscheidende Moment ist, die die Macht inne haben. Waren es vor über 30 Jahren noch tote, ehemalig der SS angehörige Wirtschaftsbosse in Kofferräumen, die für Angst in den Zentralen der Macht sorgten, reicht es heute aus, Informationen, die dem Volk nicht zustehen, über Wege zu verbreiten, die sich der absoluten Kontrolle der Mächtigen entziehen, um Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und Kriminalisierung über sich ergehen lassen zu müssen.
Und hierbei reicht es eben schon aus, Teil einer Linkkette zu sein, deren Länge nicht mehr definiert ist – linke ich auf eine Seite, die auf eine Seite linkt, die auf eine Seite linkt, die auf eine Seite linkt, die auf eine Seite linkt, von der aus solche unbequemen Informationen zu ereichen sind, kann ich schon ein Krimineller sein.
Zur Zeit weiß ich nicht, was ich verachtenswerter finde: Dass sie ausgerechnet ein so hochsensibles Thema wie sexuelle Gewalt gegen Kinder instrumentalisieren und Interesse am Leid dieser geschundenen Seelen heucheln, um ihren perfiden Allmachtsphantasien durchzudrücken, letztlich aber nicht einem Kind damit helfen oder dass sie eine Kultur durch Kriminalisierung zu zerstören versuchen, die durch Vernetzung lebt und durch uns User zu dem geworden ist, was sie ist: Informativ, unterhaltsam und frei. Nur, weil sie diese Kultur nicht verstehen.
Schon wenn UserInnen Krimialisierung und Schikane nur fürchten müssen, ist die Freiheit des Wortes dahin und der Geist des Internet tot.
Ich protestiere auf das entschiedenste, linke (auf meine Art) zu wikileaks und erwarte, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.